Tini erinnert sich
Christina Kassuhn, geb. Laczny
Der heutige Reiterhof war vor gut 20 Jahren noch ein typischer Bauernhof, der landwirtschaftlich bearbeitet wurde. So gab es zu der Zeit, als mein Vater auf dem Hof einheiratete hauptsächlich Milchkühe, ein paar Pferde, Hunde, Katzen, Hühner, Schafe und Schweine.
Meine Mutter - Heidrun Meyer-Laczny - übernahm als einziges Kind ihrer Eltern nach ihrem Meister in Hauswirtschaft den Hof. So nahm sie dann auch bis 1987 jedes Jahr einen Lehrling im Haus auf.
Mein Vater - Horst Laczny - arbeitete als Ingenieur in Gifhorn und - wie sollte es anders sein - nach Feierabend auf dem Hof.
Und dann gab es natürlich noch Oma, die immer fleißig mit anpackte, obwohl sie in den 80er Jahren zudem auch noch ihren Mann zu Hause pflegte.
Natürlich gab es auf so einem Anwesen für uns 3 Mädels - Constanze, Carolin und Christina - viel zu Spielen aber auch zu Helfen: Abends, an den Wochenenden und in den Ferien war Stalldienst angesagt.
Im Sommer halfen wir bei der Heu- und Strohernte. - Die nicht-Heuschnupfengeplagte "Große" etwas mehr und die beiden getränkeliefernden "Kleinen" etwas weniger. Aber eines durfte nie fehlen: Handtücher für alle, die zwischendurch beim Heuaufladen ein kurzes Bad in der Ise nahmen (auch heute noch sehr beliebt)!
Im Herbst, wenn die Ernte- und Turniersaison zu Ende ging, hatten wir Kinder dann endlich Zeit für wichtigere Dinge: Stoppelfeldwettreiten, Baumhäuser sanieren und Rinder einreiten. (Letzteres endete meist mit einem unfreiwilligen Bad im Teich.)
Im Winter ging es dann zum Rodelberg hinter dem Hof. Auf dem Hinweg zog Elfi die Schlitten, auf dem Rückweg Mama. (Man sollte dazu wissen, das Elfi ein eigentlich weißes Pony ist, dass seit 1982 Haus- und Hofrecht bei Lacznys hat und immer dann ausbüxt, wenn man gerade meint, man habe sie sicher angebunden bzw. die Stalltür wie in einem Hochsicherheitstrakt verriegelt. Außerdem nimmt Elfi auf ihren Spritztouren gelegentlich auch ihre benachbarten Boxenkollegen mit und lässt unterwegs natürlich keine Gelegenheit für erreichbare Köstlichkeiten aus.)
Im Frühjahr gab es neben kleinen Kätzchen gelegentlich auch Hundewelpen, Fohlen oder Kälber.
Jedes Jahr aber kamen zur Osterzeit zuverlässig mehrere Heidschnuckenlämmer auf die Welt.
In manchen Jahren waren unter ihnen auch "Flaschenkinder" (sehr zur Freude meiner Schwestern und mir samt aller Schulfreunde).
Ach, so ein kleiner Schafbock mit rotem Band und Glocke um den Hals, der von Kindern und Hunden großgezogen wird, hat ziemlich viele eigensinnige Ideen...
Vielleicht war es die Vielzahl der Blödsinn anstellenden Tiere, wohl aber hauptsächlich die Vorliebe zu Pferden, die dann nach und nach den Weg zum eigentlichen Reiterhof ebneten.
Denn mit der Zeit fand man in den Ställen mehr Pferde - eigene, sowie auch zur Pension untergestellte - und weniger Hühner, Schafe und Kühe. Mit den eingestellten Pensionspferden kamen auch die Ferienkinder auf den Hof.
Und so entstand im Laufe der Zeit neben neuen Pferdeboxen in früheren Schaf- und Kuhställen im Jahr 1997 unsere Reithalle. Weitere Innen - und Außenboxen kamen in ehemaligen Scheunengebäuden dazu. Für die nach und nach ausgebauten, teilweise gemütlich verwinkelt angelegten Boxen gibt es heute dementsprechende Namen, wie alter Stall, Viererstall, langer Stall oder Scheune. In Leo`s Stall zieht eine alte Eiche durch das Dach, genau da, wo früher der Hundezwinger war.
Dass sich aber in meinem Kopf hartnäckig der Name Leo`s Stall hält, liegt wohl daran, dass ich seit nunmehr fast zehn Jahren nicht mehr "zu Hause" wohne. Deshalb ist es für mich gelegentlich auch schwierig, den 50 Pferden ihre Namen, geschweige denn die dazugehörigen Menschen zu zuordnen. Quartieren sich dann auch noch zur Ferienzeit 8 bis 10 kleinere oder größere Reiter in der Ferienkinderwohnung ein, ist für mich das Namenschaos perfekt.
Das scheint aber alle anderen nicht zu stören, denn so werde ich beispielsweise gerne mal gefragt: "Hi Tini, wo ist eigentlich Bienes Sattel?"
Das mir dann solche Dinge wie "Wer bist du? Wer ist Biene? Und warum weist du, wer ich bin?" durch den Kopf gehen zeigt, dass ich doch öfter mal vorbeischauen sollte! Aber neben den vielen Dingen, die sich im Laufe der Zeit geändert haben, bleibt manches doch immer gleich:
Das schöne Gefühl, nach Hause zu kommen, wenn ich schon in der Hofeinfahrt winkend begrüßt werde.